Drucktransmitter entlüften?
Die Gründe dafür und die technischen Lösungen dazu

Bei Drucktransmittern muss bei der Relativdruckmessung auf der Rückseite der Messmembran der Umgebungs- oder Atmosphärendruck anliegen. Da diese Seite bei üblichen Industrie-Drucktransmittern im Gehäuseinneren liegt, ist eine Entlüftung für den Druckausgleich zwischen Gehäuseinnenseite und Umgebung notwendig.

Die einfachste Lösung für den eingangs erwähnten notwendigen Druckausgleich in Drucktransmittern wäre ein Loch im Gehäuse. Doch dieses würde das Eindringen von Flüssigkeiten und Feststoffen ermöglichen, die den Transmitter von innen beschädigen könnten. Gerade beim Einsatz in rauen Umgebungsbedingungen wie beispielsweiseden Wind und Wetter ausgesetzten Baumaschinen, ist ein guter IP-Schutzgrad (Ingress Protection = Schutz gegen das Eindringen von Gas und Flüssigkeiten) unabdingbar für das zuverlässige Funktionieren des Drucktransmitters.

Hersteller von Drucktransmittern haben deshalb verschiedene Lösungen entwickelt, die diesen Druckausgleich ermöglichen und trotzdem einen hohen IP-Schutzgrad sicherstellen. Alle diese Lösungen sind immer ein Kompromiss zwischen guter Entlüftung, hohem IP-Schutzgrad einerseits und tiefen Kosten andererseits. Sie sind immer schlechter als ein hermetisch dichter Transmitter. Deshalb werdenDrucktransmitter auch nur dann entlüftet, wenn dies die Einsatzbedingungen fordern.

Wann ist ein Druckausgleich im Transmitter notwendig?

Der Druck auf der Membranrückseite sollte idealerweise genau dem Umgebungsdruck entsprechen. Nur so ist eine exakte Relativdruck-Messung möglich. Der Druck im Transmitterinneren soll sich den Umgebungsdruckänderungen, welche aufgrund von Wetteränderung, Tagesgang oder Veränderung der Höhe über dem Meer (z.B. bei Fahrzeugen) auftreten können, anpassen. Andernfalls entsteht ein Messfehler. Ob dieser Messfehler toleriert werden kann, hängt vom Messbereich ab: Bei kleinen Messbereichen von wenigen bar wirkt sich eine Veränderung von 100mbar aufgrund einer Wetteränderung im Verhältnis stärker aus als bei hohen Drücken von mehreren hundert bar. Die geforderte Genauigkeit spielt ebenfalls eine Rolle: Je genauer die Messung sein soll, umso weniger Abweichung kann toleriert werden.

Des Weiteren muss die Erwärmung des Drucktransmitters - und damit auch die Ausdehnung der Luft im Transmitterinneren berücksichtigt werden. Die Luft, die im Transmitter eingeschlossen ist, dehnt sich mit steigenden Temperaturen aus. Wenn aber das Gehäuse hermetisch verschlossen ist, steigt der Druck im Gehäuseinneren an und drückt somit auch gegen die Messmembran. Die Grafik zeigt, basierend auf der idealen Gasgleichung, wie der Druck im Gehäuseinneren ansteigt, sobald die eingeschlossene Luft erwärmt wird. Um diesen Druckanstieg zu verhindern, muss die eingeschlossene Luft entweder nach aussen strömen oder sich sonst in eine Richtung frei ausdehnen können.

Querschnitt durch einen Drucktransmitter. Unter gewissen Bedingungen muss der Innenraum oberhalb der Messmembran bei Relativdrucktransmittern mit der Umgebung so verbunden sein, dass ein Druckausgleich zur Atmosphäre stattfinden kann.

Neben der Frage, ob ein Druckausgleich notwendig ist, muss auch die erforderliche Geschwindigkeit dieses Ausgleichs beachtet werden. Denn nicht alle nachfolgend vorgestellten Lösungen ermöglichen einen gleich schnellen Druckausgleich; bei einigen dauert der Ausgleich länger, z.B. aufgrund geringer Strömungsquerschnitte. Die Dauer, bis 90% der Druckdifferenz (ein typischer Referenzwert) ausgeglichen ist, variiert von einigen Zehntelsekunden über wenige Minuten bis hin zu mehreren Stunden bei sehr dichten Lösungen. Wann kann welche Dauer noch akzeptiert werden? Das wiederum hängt vom Einsatzgebiet ab: Wetteränderungen passieren normalerweise verhältnismässig langsam, und selbst ziemlich dichte Transmitter können diese Veränderungen ordentlich abbilden. Das gleiche gilt für die Druckänderungen im Tagesgang. Die Änderungen in der Meereshöhe hingegen können u.U. deutlich schneller passieren, beispielsweise bei Schienenfahrzeugen, die Gebirgszüge überqueren. Extremfälle dieser Umstände sind Flugzeuge und Helikopter. Deshalb wird in solchen Anwendungen auch zumeist der Absolutdruck gemessen.

Besonders heikel und zudem oft unterschätzt ist die Druckänderung aufgrund der Temperaturänderung des Transmitters selbst oder der Umgebung: Wenn ein Motor einer Baumaschine bei Temperaturen um den Gefrierpunkt startet, erreicht er innerhalb von wenigen Minuten die Betriebstemperatur und wird selbst nicht direkt angebaute Aggregate auf Temperaturen über 30°C aufheizen. Hier ist eine gute Entlüftung für korrekte Messresultate unumgänglich.

Die Grafik zeigt, wie der Gasdruck in einem abgeschlossenen Volumen ansteigt, wenn das Gas von 20°C Raumtemperatur auf 100°C - also Bedingungen, wie sie in einem Maschinenraum vorkommen - erwärmt wird.

Welche Lösungsprinzipien gibt es?

Entlüftung durch das Gehäuse

Ausgehend vom oben erwähnten einfachen Loch im Gehäuse gibt es viele Varianten, wie dieses vor Umwelteinflüssen geschützt werden kann: Die häufigsten Schutzvorrichtungen sind mechanische Abdeckungen oder Belüftungsmembranen, beispielsweise Goremembranen. Vorteil dieser Lösungen ist, dass sie i.d.R. einen sehr guten Druckausgleich ermöglichen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Membranen sauber sind. Oft sind Drucktransmitter jedoch an exponierten Stellen eingebaut und so Ölen, Wasser und Staub ausgesetzt. Diese können sich über die Dauer des Betriebs zu Dreckschichten entwickeln, die den Lüftungskanal ins Innere des Transmitters verstopfen und damit den Druckausgleich verhindern. Ein weiterer Nachteil ist der eher schwache Schutz gegen aggressive Reinigungsmittel oder Hochdruckreinigung. Deshalb sollten die Goremembranen gar nicht mit Flüssigkeiten in Berührung kommen, da sie sonst ihre Funktion verlieren. Bei Lösungen mit mechanischen Schutzkappen besteht eine Gefahr im Eindringen von Wasser, das z.B. bei Regen und Wind (auch Fahrtwind, z.B. bei Schienenfahrzeugen) ins Innere kommen kann. Kapillareffekte durch dünne Spalte oder ein tieferer Druck im Gehäuseinneren lassen Flüssigkeiten zusätzlich ins Innere des Drucktransmitters gelangen. Selbst bei guten, dichten Konstruktionen ist also darauf zu achten, dass der Drucktransmitter einigermassen sauber bleibt oder zumindest regelmässig von Dreck gereinigt wird.

Entlüftung durch das Kabel

Eine weitere Möglichkeit zur Entlüftung von Drucktransmittern bietet sich im Bereich des elektrischen Anschlusses an, also über den Stecker oder über das Kabel. Drucktransmitter, die das Anschlusskabel direkt angebunden haben, können in gewissen Fällen über das Kabel entlüftet werden. Der Druckausgleich erfolgt über die kleinen Zwischenräume zwischen den Litzen im Kabel. Je kleiner diese Zwischenräume sind und je länger das Kabel ist, umso schlechter funktioniert der Druckausgleich. Versuche bei Trafag haben gezeigt, dass bei Kabellängen von etwa zwei Metern eine Änderung des atmosphärischen Druckes erst nach mehreren Minuten im Transmitterinneren ausgeglichen ird. Bei langen Kabeln oder wenn eine Druckänderung rasch ausgeglichen werden muss, kommen Spezialkabel mit einem integrierten Entlüftungsröhrchen zum Einsatz. Dieses Kunststoffröhrchen, das sich neben den Litzen im Kabelinneren befindet, ermöglicht einen zuverlässigen Druckausgleich mit der Umgebung. Da sich das Kabelende in der Regel in einem geschützten Bereich befindet, ist diese Lösung auch für verschmutzungsgefährdete Einbauorte von Transmittern geeignet. Dabei muss vermieden werden, dass das Kabel und somit auch das Kunststoffröhrchen bei der Montage gequetscht oder über Kanten geknickt wird.

Entlüftung durch den Stecker

Wenn über den Stecker entlüftet werden soll, muss man sich bewusst sein, dass Stecker nicht nur für Drucktransmitter entwickelt wurden, sondern als Standard für eine Vielzahl von Sensoren und Aktoren eingesetzt werden. Das Thema der Entlüftung ist aber nur für Relativdrucktransmitter relevant, für die anderen Fälle wäre ein hermetisch dichter Stecker idealer, da dann das Geräteinnere besser geschützt wäre. Im Hinblick auf den Druckausgleich kann man die Stecker in zwei Gruppen einteilen: Erstens jene Stecker, die grundsätzlich einen eher tiefen IP-Schutzgrad aufweisen, z.B. Stecker nach EN 175301-803-A (DIN43650-A) oder Industriestandard (DIN 43650-C). Diese sind nicht sehr dicht gegenüber Gasen und ermöglichen fast immer einen raschen Druckausgleich. Zweitens sind die etwas dichteren Stecker zu erwähnen, wie beispielsweise M12, Deutsch oder MIL-C; bei ihnen muss die Entlüftung anderweitig gelöst werden. Entweder kommen Lösungen mit einer Lüftung über das Gehäuse wie eingangs beschrieben zum Einsatz, oder die Entlüftung erfolgt über das Steckerinnere und dann weiter über das Kabel. Die Entlüftung via Kabel bietet dem Drucktransmitter einen idealen Schutz vor Verschmutzungen von aussen. Diese Lösung bedingt aber, dass am Kabelende eine Entlüftung möglich ist. Die häufig verwendeten Kabel mit angespritztem Stecker ohne Schirmung sind in diesen Fällen nicht geeignet. Bedingt geeignet sind Kabel mit angespritztem Stecker und Schirmung, da der eingespritzte Kunststoff durch die Schirmung dringt und somit einen geringen Druckausgleich zulässt.

Trafag bietet auf Anfrage in Zusammenarbeit mit einem Kabelhersteller eine Variante mit angespritztem M12-Stecker und integriertem Lüftungsrohr. Haben Sie Anwendungen, die eine zuverlässige Entlüftung erfordern? Sind Sie unsicher, welcher Drucktransmitter der geeignetste ist? Oder setzen Sie bereits Drucktransmitter ein, die aber Fehlmessungen ausgeben, welche möglicherweise auf Probleme mit der Entlüftung zurückzuführen sind? Kontaktieren Sie uns. Unsere Spezialisten beraten Sie gerne und suchen gemeinsam mit Ihnen nach geeigneten Lösung für Ihre Druckmessherausforderungen.


Verschiedene Entlüftungskonzepte von Drucktransmittern im Vergleich. V.l.n.r.: Entlüftungsröhrchen im Kabel (hier, bei einer Pegelsonde); Gerätestecker DIN 43650- A mit tiefem Schutzgrad; M12x1-Stecker mit Loch im geschützten Gewindebereich (Goremembrane ist nicht sichtbar); Deutschstecker mit Entlüftungsloch im Gehäuse (Goremembrane nicht sichtbar); MIL-C Stecker mit Bohrung und Goremembrane für die Entlüftung durch das Kabel.

 

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Gerne sind wir für Sie da. Bitte kontaktieren Sie uns.

Ideale Gasgleichung

Die Theorie des idealen Gases beschreibt das Verhalten eines Gases anhand einer einfachen Formel.

pV=nRT

p=absoluter Druck

V=Volumen

n=Anzahl Gasmoleküle (in Mol)

T=Temperatur (in K)

R=ideale Gaskonstante

Für eine konstante Menge Gas wird die Gleichung umgeformt, um verschiedene Zustände zueinander in Relation zu setzen.

p1V1 / T1 = p2V2 / T2

Für die Überlegungen zur Druckveränderung in Drucktransmittern kann die eingeschlossene Luft vereinfacht als ideales Gas betrachtet werden. Ausserdem kann vereinfacht für die geringen Temperaturveränderungen das Volumen als konstant angesehen werden. Somit muss das Verhältnis von Druck zu Temperatur immer gleichbleiben, oder anders ausgedrückt steigt bei zunehmender Temperatur der Druck im gleichen Verhältnis.

p1V1 = p2V2


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Über den Autor

Andreas Koch

Head of Marketing and Product Management

Dipl. Ing. FH (Mechanical Engineering), EMBA

Bei Trafag seit 2011

Andreas Koch, Head of Marketing and Product Management bei Trafag AGAndreas Koch, Head of Marketing and Product Management bei Trafag AG